Das schönste Bad im Dorf

Waschbecken mit Spiegel

Von der Kaffeeschmugglerin zur Badtrendsetterin

Die Gespräche mit älteren Semestern mögen manchmal anstrengend sein. Aber geht es um alte Augenzeugengeschichten, dann wird unsere Nachwuchsjournalistin Hannah hellhörig. So ist sie auch auf die Geschichte einer ehemaligen Kaffeeschmugglerin gestoßen. Eine elegante Frau, Ü90, die nach den Entbehrungen der Nachkriegszeit besonders auf ein warmes und sauberes Bad Wert legte.

 

Ein nerviger Satz
Ich mag meine Großeltern, ohne jegliche Zweifel. Allerdings geht es mir gehörig auf die Nerven, wenn sie meinen, ich solle mich nicht so haben. Egal, ob ich gestürzt war – und ja, es tat einfach nur weh – oder ob ich meinen ersten Liebeskummer hatte – der by the way mehr schmerzte als jede Schürfwunde. Doch dieser Satz begleitet mich seit meiner frühen Kindheit. Und er führte in meinen Teeni-Zeiten dazu, dass ich bei ihren Erzählungen aus den harten Nachkriegsjahren oft auf Durchzug stellte. Mittlerweile hat sich mein Groll gelegt und ich frage aktiv nach dieser Zeit, kurz nach 1945, als halb Europa in Schutt in Asche lag. Als der Hunger und die Not alles dominierte und es für junge Menschen wie mich kaum Perspektiven gab. Als wertvoller Familienschmuck gegen etwas Essbares getauscht wurde und der Schwarzmarkt florierte. In diesen Momenten werde ich selbst manchmal demütig und denke: Hab dich nicht so.
 

Kaffee als Luxusgut
Bei einem dieser Kaffeegespräche erzählte mein Opa eine Geschichte, die mich noch lange
beschäftigte – sie handelte von der „Aachener Kaffeefront“. Dies war eine spezielle Form des
damaligen Überlebenskampfes im Länderdreieck von Deutschland, Belgien und den Nieder-
landen. Bis 1953 schmuggelten unzählige Privatpersonen und professionelle Schmuggler Kaffee von Belgien nach Deutschland. Durch eine hier erhobene Kaffeesteuer von 10 DM pro Kilogramm war der Kaffeegenuss im Nachkriegsdeutschland ein Luxus – und eine lukrative Einkommensquelle.

 

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